Wir hatten eine unruhige Nacht. Die Esten hörten erst mit dem Festen auf, als die Amseln bereits ihr Morgenlied anstimmten. Aber wer will es ihnen verübeln, wir würden am 1. August ja auch nicht um 20 Uhr ins Bett. Frühstück gibts im Zelt, da uns die Mücken wieder einmal sehr mögen.
Die ersten 5 Kilometer sind noch Sandstrasse, wie wir sie gestern hatten. Es schlägt und rüttelt, doch haben wir heute den Wald für uns. Als wir dann auf den Teer zurück kommen, ist dies wie abheben. Auf einmal spürt man nichts mehr von der Fahrt, es wird leise und viel leichter. Viel leichter auch deshalb, weil wir heute fast den ganzen Tag von böigem Rückenwind profitieren können. Wir fliegen nur so dahin. In den ersten 2 Stunden treffen wir gerade mal 3 Autos und einen Lastwagen an. Estland schläft noch.

Was haben wir bei jeder „Achtung Elch“-Tafel gespottet. Aus Erfahrung der letzten Nordkaptour wissen wir, dass sich die scheuen Tiere nur selten zeigen. Und plötzlich raschelt es links hinter uns. Wir haben eine Elchkuh aufgeschreckt. Sie trabt hinter die nächsten Jungtannen und als wir anhalten verschwindet sie im dichten Grün. Es gibt sie also doch, die Elche.

Beim Zmittag vis à vis des alten Klosters von Padise kommt ein Schweizer Tourenfahrer vorbei. Mit dem Ziel ans Nordkap zu fahren hat er in Norwegen abgebrochen, weil er mit eisiger Kälte und Nässe kämpfte. Nun ist er auf dem Rückweg und wir sind froh, kommen wir erst jetzt gegen Norden.
Heute wollen wir auf einer Freizeitanlage mit Unterkünften übernachten. Auf der Webseite wird eine warme Dusche und Toilette auch für Camper angeboten. Nach einer Ewigkeit und mehrmaligem Klingeln werden wir abgewiesen. Sie hätten viele Gäste gehabt und zelten gehe nicht. Wir lassen uns Zeit beim Suchen einer Lösung, sind uns nicht einig ob Wildcamping oder Caravanpark. Irgendwann kommt die Besitzerin nochmal und bietet uns an, wir könnten Dusche und WC eines Zimmers benutzen. Sie berichtet uns, dass das Sanitärgebäude leider abgebrannt sei. Nun, wir haben alles was wir brauchen und sogar noch mehr, denn eine Gemeinschaftsküche ist auch da. Und dies zu einem Bruchteil der Kosten wie bei manch besuchtem Camping mit weniger Angebot. Wir sind happy und schlüpfen wohlgenährt und frisch geduscht in die Schlafsäcke – der Wind bläst immer noch stark und kühl.